Infrastruktur in Deutschland effizienter finanzieren

Wettbewerbsgefährdend hohe Steuerquote trifft wettbewerbsgefährdend schlechte Infrastruktur. Ein Großteil öffentlicher Mittel fließe in Subventionen, was Kommunal- und Bundeshaushalte stark belaste. Damit stehe Deutschland vor einem zentralen Paradoxon.

So die Analyse des Vorsitzenden der Ludwig Erhard Stiftung und langjährigen hessischen CDU- Ministerpräsidenten Roland Koch in einem Vortrag bei der Tagung „Zukunft der Infrastrukturentwicklung“ am Dienstag in Leipzig.

Eine Kernfrage sei die „Rentierlichkeit“ öffentlicher Investitionen, die oft politisch, aber nicht wirtschaftlich bestimmt werde. Historische Finanzierungsentscheidungen, etwa bei der Rente, hätten strukturelle Kosten verursacht, die kurzfristig kaum reduzierbar seien.

Entscheidend sei, aus einem Euro öffentlichem Geld möglichst viele Euro zu machen. Dies gelinge besser durch die Kombination von öffentlichen Mitteln mit privatem Management und Finanzierungsstrukturen. Ein Beispiel sei u.a. die Finanzierung von Brückenbauten durch Investmentfonds. Öffentliche Verwaltungen seien für die dazu notwendige Geschwindigkeit aufgrund komplexer Vergaberegeln oft nicht ausgerüstet.

Kochs Rede zeichnete ein ernüchterndes Bild der aktuellen Infrastrukturfinanzierung in Deutschland aufgrund der systemischen Probleme. Aber ein „Weiter so“ sei keine Option. Vielmehr seien unkonventionelle, über das traditionelle staatliche Handeln hinausgehende Lösungen dringend erforderlich.

Die Tagung, in Kooperation mit der SAB Sächsische Aufbaubank – Förderbank, veranstaltete das KOWID, das Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V., an der Universität Leipzig.

Digitalisierungswirtschaft in Sachsen wächst

Aktuell verzeichne Sachsen rund 80.000 Beschäftigte in der Digitalisierungswirtschaft, erklärte Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) in seiner Fachregierungserklärung im sächsischen Landtag am 21. Mai 2025. Einer Prognose zufolge könnten es 100.000 im Jahr 2030 werden.

Gleichzeitig stehe die sächsische Wirtschaft vor erheblichen Herausforderungen durch strukturelle Veränderungen auf globaler Ebene. Hinzu kämen hohe Energiepreise, Bürokratie und Fachkräftemangel. Gleichzeitig verfüge Sachsen über Stärken in Technologie, Innovation und qualifizierten Fachkräften sowie vielversprechende Wachstumsfelder wie die Digitalisierung und die Energiewende. Um diese Herausforderungen zu meistern und die Zukunft Sachsens zu sichern, seien massive Investitionen, die Förderung von Technologie und Innovation, die Stärkung des Mittelstands, die Nutzung von Chancen in neuen Sektoren wie der Rüstung, ein pragmatischer und entschlossener Ausbau der erneuerbaren Energien, Bürokratieabbau und eine enge Zusammenarbeit aller Akteure in Form einer gemeinsamen Wirtschaftsstrategie erforderlich, erläuterte Panter.

Frühjahrsgutachten: Entwicklung im Osten besser als Wahrnehmung 

„Es besteht eine große Diskrepanz zwischen der subjektiven und der objektiven Wahrnehmung der wirtschaftlichen Entwicklung in der eigenen Region (Bundesregierung, 2024a; Diermeier et al., 2024). Dies gilt insbesondere für Ostdeutschland. So weisen fast alle ostdeutschen Kreise zwischen 2013 und 2023 eine überdurchschnittlich gute Entwicklung sowohl bei der Arbeitslosigkeit als auch bei der Lohnentwicklung auf. Dennoch sind nur 31 % der Befragten mit der Arbeitsmarktentwicklung der letzten 10 Jahre in ihrem Landkreis bzw. ihrer kreisfreien Stadt zufrieden. Damit fällt die Einschätzung etwas negativer aus als in Westdeutschland, wo immerhin 36 % der Befragten zufrieden sind, obwohl die Entwicklung hier mit vielen Regionen mit überdurchschnittlicher, aber auch mit vielen Regionen mit unterdurchschnittlicher Entwicklung deutlich durchwachsener war. Ein Großteil der Menschen in Ostdeutschland nimmt die positive Entwicklung offensichtlich nicht wahr. Gleiches zeigt sich bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Region. So attestieren 70 % der Ostdeutschen ihrer Region eine unterdurchschnittliche Entwicklung, während es in Westdeutschland nur 62 % tun (Diermeier et al., 2024), obwohl auch hier die Entwicklung in fast allen ostdeutschen Regionen überdurchschnittlich war.“

Quelle: Frühjahrsgutachten 2025 – Sachverständigenrat, S. 273

Sachverständigenrat Frühjahrsgutachten 2025: ZWISCHEN HOFFEN UND BANGEN: KONJUNKTURSCHWÄCHE UND CHANCEN DES FINANZPAKETS, BÜROKRATISCHE HEMMNISSE UND STRUKTURWANDEL

  • Deutschland befindet sich weiterhin in einer wirtschaftlichen Schwächephase. Das BIP dürfte in diesem Jahr stagnieren und im Jahr 2026 um 1,0 % wachsen.
  • Wenn die Mittel aus dem Finanzpaket für zusätzliche Investitionen verwendet werden, steigert dies mittelfristig das Wachstum. Schuldenfinanzierte Konsumausgaben sollten vermieden und institutionelle Vorkehrungen geschaffen werden, die eine investitions orientierte Verwendung der Mittel sicherstellen.
  • Unnötige Bürokratie sollte konsequenter als bislang abgebaut werden, um Unternehmen in großer Breite zu entlasten. Neue Regelungen sollten wirksam, nutzerfreundlich und vollzugstauglich sein, damit sie nicht zu zusätzlicher ineffizienter Bürokratie führen.
  • Der Strukturwandel beschleunigt sich und trifft in Zukunft auch bisher wirtschaftlich starke Regionen. Die laufenden Transformationsprozesse sollten durch Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt und durch gezielte regionale Wirtschaftspolitik sollten Zukunftsperspektiven für besonders betroffene Regionen eröffnet werden.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer ausgeprägten Schwächephase. Bürokratische Anforderungen und lange Genehmigungsverfahren bremsen das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Der Strukturwandel beschleunigt sich und wird in Zukunft Branchen und Regionen erreichen, die bisher wirtschaftsstark waren. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gefährdet das Wirtschaftswachstum weltweit. Das Finanzpaket bietet Chancen für eine Modernisierung der Infrastruktur und eine Rückkehr auf einen höheren Wachstumspfad.
Der Sachverständigenrat Wirtschaft diskutiert in seinem Frühjahrsgutachten 2025, wie eine investitionsorientierte Verwendung der Mittel aus dem Finanzpaket sichergestellt werden kann. Des Weiteren befasst sich der Rat damit, wie durch konsequenten Abbau überflüssiger Bürokratie Wachstumshemmnisse beseitigt werden können und wie Deutschland die regional unterschiedlichen Auswirkungen des Strukturwandels bewältigen kann.

„Die deutsche Wirtschaft wird in nächster Zeit maßgeblich von zwei Faktoren beeinflusst: der US-amerikanischen Zollpolitik und dem Finanzpaket“, erläutert Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft. Die US-Zollpolitik belastet die ohnehin schwache deutsche Exportwirtschaft zusätzlich. Die deutschen Exporte dürften mit den sprunghaft und unberechenbar steigenden Zöllen noch weiter zurückgehen. Ab dem Jahr 2026 werden die durch das Finanzpaket bereitgestellten Mittel positive Impulse für Bau- und Ausrüstungsinvestitionen sowie den Staatskonsum setzen. Der private Konsum dürfte im Vergleich zu 2025 etwas stärker wachsen, da die verfügbaren Einkommen preisbereinigt stärker zunehmen. Der Sachverständigenrat Wirtschaft erwartet, dass das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland in diesem Jahr stagniert (das entspricht einem Wachstum von 0,0 Prozent) und im Jahr 2026 um 1,0 Prozent steigt.

Die Verbraucherpreisinflation dürfte im Jahr 2025 durchschnittlich 2,1 Prozent betragen und im Jahr 2026 auf 2,0 Prozent leicht zurückgehen. „Die Märkte erwarten zwar Zinssenkungen, allerdings ist die Preisentwicklung aktuell besonders unsicher. So ist etwa ungewiss, ob die aktuellen Handelskonflikte die Inflation antreiben oder dämpfen. Auch eine expansive Fiskalpolitik in Deutschland könnte die Inflationserwartungen erhöhen und damit eine straffere Geldpolitik der EZB begünstigen“, erklärt Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft.

Chancen des Finanzpakets nutzen, Risiken vermeiden

Mit dem Finanzpaket sind Chancen verbunden, wenn die Mittel daraus überwiegend investitionsorientiert verwendet werden. So könnten versäumte Investitionen nachgeholt werden und Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad gelangen. Verschiebungen aus dem Kernhaushalt sowie die Finanzierung bereits geplanter Investitionen sollten durch institutionelle Vorkehrungen vermieden werden. Für die Verteidigungsausgaben sieht das geänderte Grundgesetz einen Schwellenwert von 1 Prozent des BIP vor, ab dem Ausgaben außerhalb der Schuldenbremse kreditfinanziert werden können. Dieser Schwellenwert ist jedoch zu niedrig, da aus dem Kernhaushalt zuletzt deutlich mehr als 1 Prozent des BIP für Verteidigung ausgegeben wurde. Eine Mindestquote für Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt in Höhe von mindestens 2 Prozent des BIP sollte gesetzlich verankert werden.
Beim Sondervermögen Infrastruktur sollte eine Investitionsquote in Höhe von mindestens 10 Prozent des Kernhaushalts in das Errichtungsgesetz aufgenommen werden. Angemessene Investitionsquoten sollten auch für die Zuweisungen aus dem Sondervermögen an den Klima- und Transformationsfonds (KTF) sowie an die Länder definiert werden.

Die Kompatibilität des Finanzpakets mit den EU-Fiskalregeln unterliegt hoher Unsicherheit. Realistischerweise kann sie nur mit einer starken Investitionsorientierung und begleitenden Strukturreformen erreicht werden. Eine starke Konsumorientierung der Ausgaben gefährdet die Vereinbarkeit mit den EU-Fiskalregeln und erhöht die Schuldenstandsquote deutlich stärker.

Bürokratieabbau beschleunigen, Verwaltung modernisieren

Der Abbau von Bürokratie in Deutschland muss beschleunigt werden. Trotz zahlreicher politischer Initiativen sind die Belastungen der Unternehmen mit Bürokratiekosten bisher nicht spürbar zurückgegangen. Für einen wirksamen Bürokratieabbau sind systematische Anpassungen notwendig, die Unternehmen in großer Breite entlasten. Dafür sollten verschiedene Prozesse gleichzeitig angestoßen werden: Abbau und (Teil-)Automatisierung von Informationspflichten, Beschleunigung von Antrags- und Genehmigungsverfahren, Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sowie der Aufbau eines bundesweit einheitlichen E-Government-Portals. Neue Regelungen sollten wirksam, nutzerfreundlich und vollzugstauglich sein, damit sie nicht zu zusätzlicher ineffizienter Bürokratie führen.

Strukturwandel begleiten, Zukunftsperspektive entwickeln

Der Strukturwandel in Deutschland wird künftig auch Regionen erreichen, die bislang strukturbeständig und wirtschaftlich stabil waren. Besonders betroffen werden dabei Regionen mit einer hohen Spezialisierung auf das wissensintensive Verarbeitende Gewerbe wie die Automobilbranche oder die chemische Industrie sein. Die Wirtschaftspolitik sollte die Anpassung durch allgemeine wachstumsfördernde und regionalspezifische Maßnahmen unterstützen, die Zukunftsperspektiven für besonders betroffene Regionen entwickeln. Spezifische Fördermaßnahmen sollten sich auf Regionen konzentrieren, die kurzfristig von hoher Arbeitslosigkeit betroffen sein könnten. Dazu gehören eine Förderung von beruflichen Weiterbildungsangeboten oder Umschulungen, um den Wechsel in neue berufliche Tätigkeiten zu unterstützen und attraktiv zu machen.

Quelle: sachverstaendigenrat-wirtschaft.de https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fruehjahrsgutachten-2025-pressemitteilung.htmlhttps://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fruehjahrsgutachten-2025-pressemitteilung.html https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fruehjahrsgutachten-2025-pressemitteilung.html

Interieur im Wandel: Europa muss Tempo aufnehmen, um Chancen im Wachstumsmarkt zu nutzen

„Das Interieur ist für Fahrzeughersteller heute ein zentrales strategisches Element – für das Nutzererlebnis und als Differenzierungsmerkmal.“, Dr.-Ing. Philipp Grunden, automotive thüringen

Der Fahrzeuginnenraum steht vor einem tiefgreifenden Wandel und entwickelt sich zu einem der dynamischsten Innovationsfelder der Automobilindustrie. Die aktuelle Trend- und Marktstudie des Interior-Hubs InSuM (Interior-Hub for Sustainable Mobility) zeigt: Neue Funktionen, nachhaltige Materialien und digitale Erlebnisse machen das Interieur zum strategischen Wertschöpfungsbereich – mit enormem Potenzial für Automobilhersteller, Zulieferer und technologieaffine Partnerbranchen. Gleichzeitig steigt der Wettbewerbsdruck rasant. Vor allem neue Akteure aus China treiben mit hohem Tempo und großer Innovationsfreude die Entwicklung nutzerzentrierter Interieurlösungen voran. Chinesische OEMs prägen das Marktsegment „Young Premium“ mit visionären Konzepten, digitaler Exzellenz und mutigem Design – und setzen neue Maßstäbe für Geschwindigkeit, Gestaltung und operativ handeln und vorhandene Stärken nutzen“, sagt Dr. Philipp Grunden, Director Innovation & Strategy bei automotive thüringen e.V. und Autor der InSuM-Studie. „Der Fahrzeuginnenraum wandelt sich grundlegend. Wir stehen vor einem Aufbruch – und den sollten wir gemeinsam gestalten: technologieaffin, branchenübergreifend und europäisch gedacht.“

Die Studie unterstreicht: Die Transformation des Innenraums vom funktionalen Bedienraum zum emotionalen Erlebnisraum bietet nicht nur neue Differenzierungsmerkmale für Marken sie ist auch ein Motor für nachhaltige, zukunftsweisende Wertschöpfung in Europa. Damit das gelingt, braucht es gezielten Wissenstransfer, starke Netzwerke und strategische Allianzen zwischen OEMs, Zulieferern, Tech-Partnern, Start-ups und Forschungseinrichtungen. Der InSuM-Hub versteht sich dabei als zentrale Plattform für diese Zusammenarbeit – mit Tools, Datenanalysen und Kooperationsangeboten zur Entwicklung des Interieurs der Zukunft.